Nokia: Das Comeback einer Kultmarke
Nach dem bitteren Ende kehrt die Handy-Kultmarke Nokia mit neuen Geräten zurück
Wie der Phönix aus der Asche ist die Kultmarke Nokia wieder auferstanden. Im Frühjahr präsentierte sich der traditionsreiche Handy-Hersteller auf der weltweit wichtigsten Branchenmesse, dem Mobile World Congress (MWC), und stellte dem Fachpublikum seine brandneuen Mobilfunkgeräte vor.
Vom Gummistiefel-Hersteller zum Handy-Weltmarktführer
Im 19. Jahrhundert gegründet, stellte das finnische Unternehmen anfangs Papiererzeugnisse her. Später wurden die Geschäftsfelder erweitert. Die Firma wandelte sich zum Mischkonzern. Dabei führte Nokia unter anderem ‚Hightech-Artikel‘ wie Gummistiefel im Produktportfolio. Die tatsächlichen ersten Berührungspunkte mit dem Hightech-Bereich hatte Nokia schließlich in den 70iger Jahren des vergangenen Jahrhunderts. Damals entwickelte Nokia Radio- und Fernsehgeräte bevor eine eigene Mobilfunksparte gegründet wurde. Der Markt hierfür wurde anfangs als nicht besonders groß eingeschätzt. Die Geschäftsführung betrachtete die Einheit sogar mehr als Spielerei. Keine große Erwartungshaltung, keine ambitionierten Vertriebsziele, keine harten Deadlines. Vielleicht lag darin sogar das Erfolgsgeheimnis von Nokia für die Entwicklung vom Gemischtwarenladen zum erfolgreichen Technologiekonzern.
Mit der Einführung flächendeckender digitaler Mobilfunknetze wurde der sogenannte GSM-Standard etabliert. Dieser stellte die technische Grundlage für die rasche Verbreitung von Handys dar. Das erste GSM-Mobiltelefon von Nokia war das Modell 1011, auch heute noch unter dem Spitznamen ‚Knochen‘ bekannt.
Es wurde 1992 am Markt eingeführt; viele weitere ‚Kassenschlager‘ folgten. Im Jahr 1998 stieg Nokia schließlich zum weltweiten Handy-Marktführer auf. 13 Jahre lang hatten die Finnen diese Position unangefochten inne. Mehrere hundert Millionen Geräte wurden jährlich verkauft. In der Spitze beherrschte das Unternehmen rund 40 Prozent des weltweiten Marktes. Die Kapitalmärkte bewerteten Nokia mit knapp 250 Milliarden Euro. Das Unternehmen zählte damit zu den weltweit wertvollsten Technologieunternehmen. Die ganze Nation Finnland war stolz auf ‚ihren‘ Weltmarkt- und Innovationsführer. Die Konkurrenz hechelte der sich zur Kultmarke entwickelten Handyschmiede nur noch hinterher. Nokia-Handys galten als fast unzerstörbar. Auch die Akkulaufzeit der Geräte, die sich problemlos auf über mehrere(!) Tage erstreckte, klingt für den Smartphone Nutzer von heute wie das Handy-Paradies auf Erden.
Das iPhone revolutioniert den Smartphone-Markt
Einen Wendepunkt in der Erfolgsgeschichte von Nokia stellte die Markteinführung des iPhone von Apple vor zehn Jahren dar. Das Gerät, das wegen seines Designs in der Öffentlichkeit für Aufsehen sorgte, wurde von den Mitbewerbern anfangs nur milde belächelt. Doch Apple Gründer Steve Jobs hatte mit diesem Gerät eine Revolution des Mobilfunkmarktes eingeleitet. Es verhalf dem Smartphone zum Durchbruch auf dem Weg zum Massen-Kommunikationsmedium. Dabei war es beileibe nicht so, dass das iPhone das erste Gerät dieser Spezies war.
Es gab bereits einen (überschaubaren) Smartphone-Markt mit mehreren Herstellern. Als Steve Jobs sein iPhone als ‚the next big thing‘ vorstellte, dominierte Nokia den Nischenmarkt für Smartphones mit rund 50 Prozent. Der brutale Niedergang der Finnen zeigte sich exemplarisch am Marktanteil fünf Jahre später. Da lag dieser nämlich nur noch bei etwa 5 Prozent.
Was machte den Erfolg des Apple Geräts aus? Die verbaute Technik im iPhone war kein Quantensprung. Andere Geräte waren technisch in etwa gleichwertig. Was begeisterte waren Design und Touchscreen, der per Multitouch mit den Fingern zu bedienen war. Die intuitive Menüführung des Apple-Smartphones überzeugte die Anwender schnell. Sie galt als logischer und einfacher bedienbar als alles bisher dagewesene; ein neuer Marktstandard war gesetzt. Seinen Teil zum Erfolg trug schließlich der AppStore bei. Denn die dort zur Verfügung stehenden unzähligen Applikationen und Anwendungen machten das iPhone zu einem weltweit beliebten Universalgerät.
Die anfangs zögerliche Konkurrenz zog bald mit ähnlichen Modellen nach. Der Smartphone-Markt wuchs auf einmal rasant. Im Zuge dessen gewann auch ein neuer Anbieter, der bis dato ‚nur‘ im Internet erfolgreich war, immer mehr an Markteinfluss: Google, dessen Android-Plattform heute mit rund 80 Prozent Anteil das dominierende Smartphone-Betriebssystem ist.
Nokia verschläft Marktentwicklung
Marktführer Nokia unterschätzte Apple. Zudem war das Nokia-Betriebssystem Symbian nicht Touchscreen-fähig. Die Verbraucher aber liebten den Touchscreen. Wie hoch den Finnen das Wasser bereits 2011 zum Hals stand, verdeutlicht eine Aussage des damaligen Nokia-Chefs Stephen Elop über den Zustand der Firma unter Kollegen. "Nokia ist wie eine brennende Ölplattform". Mit einer weitreichenden Microsoft-Kooperation und schließlich dem Kauf von Nokias Smartphone-Geschäft erhoffte man sich ein Ende der Talfahrt. Allerdings rettete auch die Übernahme den einstigen Star nicht.